An diesem Abend wäre Anna fast auf der Wache gelandet, denn sie hatte einen lauten Auftritt in der Augustenstraße. Ein Waffenstudent spuckte ihr ins Gesicht, weil sie ihn ansprach, trotzdem er Couleur trug. Noch lange hernach wimmerte sie vor Wut und Haß und legte einen heiligen Eid ab, sich nie wieder mit einem Herrn einzulassen, aber sie konnte diesen Schwur nicht halten, denn die Natur verlangte ihr Recht. Sie hatte nämlich nichts zu essen. – Die Natur ist eine grausame Herrin und gab ihr keinen Pardon. Und so fing sie bereits an, nur an das Böse in der Welt zu glauben, aber nun sollte sie ein Beispiel für das Vorhandensein des Gegenteils erleben, zwar nur ein kleines Beispiel, aber doch ein Zeichen für die Möglichkeit menschlicher Kultur und Zivilisation.
Aus: Der ewige Spießer von Ödön von Horváth.
„Großartig und überzeugend ist allerdings die Schauspielmusik des jungen Hamburger Komponisten Manuel Richard Weber, hoch expressionistische Streichquartettsätze, die, aus den Seitenlogen heraus gespielt, deutlich mehr Dramatik, Verwirrung und Existenzangst signalisieren als alles, was auf der Bühne geschieht. Davon hätte man gern mehr gehört.“
Hans-Juergen Fink
Hamburger Abendblatt, 5. Juni 2010
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